Flugzeugführeraubildung
im zweiten Weltkrieg 1939-1945
September 1939 - für die Berufssoldaten, Offiziere und Unteroffiziere war
der Kriegsbeginn keine große Überraschung. Fast übereinstimmend wurde die Nachricht mit
"endlich" kommentiert, Hurra-Geschrei war jedoch nicht zu vernehmen.
Die Zivilfluglehrer wurden über Nacht in Uniformen gesteckt, in der A/B Schule
Eger, meinem damaligen Standort, kam fast jeder dritte Fluglehrer aus dem Zivilleben. Alle
üblichen Vorteile der Fluglehrer, z. B. die sogenannten Wochenendflüge im Rahmen der
Instrumentenflugausbildung mit Junkers W 34 und Ju 52, wurden untersagt. Zuvor konnten die
Fluglehrer mit ihren Schülern am Freitag Mittag bis Montag z. B. die Ostsee oder andere
Ziele anfliegen.
Ansonsten lief der Schulbetrieb zunächst normal weiter. Die Zeit der
Blitzkriege mit Polen und Frankreich sorgten für Aufbruchstimmung. Im Schulbetrieb kamen
die ersten Beuteflugzeuge: Caudron, Morane, auch tschechische und polnische Typen. Von
Paris und Dünkirchen kamen auch amerikanischen NA 57 und NA 64. Im Hafen von Dünkirchen
lag bei der Einnahme ein amerikanisches Transportschiff mit fabrikneuen Flugzeugen.
Mitte bis Ende 1940 machte sich bereits Kraftstoffmangel bemerkbar. Die
zwingenden 60 Schulstarts mit Lehrer wurden gelockert, die schnellere Ausbildung wurde
befohlen und die Lehrer wurden angewiesen, stärker zu selektieren. Alle Fluglehrer ohne
Segelflugscheine wurden auf Segelfluglehrberechtigung geschult. Der Windenschleppstart war
ein Drama für die Motorflieger. Die Schüler machten jetzt zuerst den Segelflugschein.
Von 60 Schülern schafften es oft nur 20 zur folgenden Motorflugausbildung. Ablösungen
erfolgten ohne Gnade.
Mittlerweile war ich Gruppenfluglehrer geworden und nach Straubing/Bayern
versetzt. Die Jahre 1941 und 42 waren schon problematisch, immer weniger Kraftstoff stand
zur Verfügung. Bei gutem Flugwetter machten wir Unterricht oder einen Tagesausflug in den
Bayerischen Wald. Unmut machte sich breit. Die Frontverbände verlangten nach besserer
Ausbildung. Ständig wurden neue Ausbildungsvorschriften erlassen, die Flugstunden wurden
reduziert, zugleich wurde aber eine bessere Vorbereitung auf die kommenden Einsätze
gefordert. Ab 1943 durften die Schüler nachts keine Alleinflüge mehr machen. Es wurden
auch häufig Ausweichplätze wie Cham im Bayerischen Wald angeflogen. Dort waren mit
Petroleumlampen Leuchtpfade aufgebaut. Eine Hindernisbefeuerung gab es jedoch nicht -
dafür aber viele Berge rund um die Flugplätze - das war Fliegen in Reinkultur...
Anfang 1944 kam als Schulmaschine die Bücker 181. Geschlossene Kabine, zwei
nebeneinander angeordnete Sitze, kunstflugtauglich - ideal zum Schulen. Nach 25
Schulstarts mußte der erste Alleinflug erfolgen. Ich war mittlerweile
Luftfahrtsachverständiger und für die Ausbildung verantwortlich. Meinungsunterschiede
zwischen Fluglehrern und Ausbildungsleiter waren zwangsläufig.
Dann kam die Zeit als Straubing Kriegsschule wurde, also nur noch
Offiziersanwärter fliegerisch ausgebildet wurde. Ende April 1945 waren dann die
Amerikaner da.
Zum Schluss meine Endbetrachtung: Je länger der Krieg dauerte, umso schlechter
die Flugschüler, wohlgemerkt alles Freiwillige. Teilweise war erkennbar, daß sich viele
in der Hoffnung meldeten, der Krieg möge mit der Länge der Ausbildung zu Ende gehen.
Flugzeugführerausbildung vor dem Kriege:
Vorauswahl - Eignungsprüfung
Nach der militärischen Grundausbildung in den Fliegerregimentern und genauer
Beurteilung des Einheitsführers (Personalakte) wurde der sich freiwillig Meldende zur
medizinisch-psychologischen Untersuchung geschickt.
Die drei Tage dauernde Eignungsprüfung, die in bestimmten Krankenhäusern
vorgenommen wurde, war sehr schwer und genau. Medizinische Untersuchungen waren sehr
gründlich. Brillenträger wurden nicht zugelassen. Sportliche Betätigung
(Sportabzeichen) war eine Voraussetzung. Mein prüfender Mediziner, Herr Prof. Dr.
Reichmann, fragte mich während der Untersuchung "wieviel ist 37x16" - schnelles
Denken und Reagieren war angesagt. Der psychologische Eignungstest begann mit verbundenen
Augen im Rhönrad. Schnelles Drehen vorwärts, rückwarts und Stop. Frage: In welcher Lage
befinden Sie sich? Ein Schlüssel in der Hosentasche gab mir das richtige Signal. Viele
weitere Geräte und Gespräche folgten. Die militärischen Anforderungen lagen
verständlicherweise höher als im zivilen Bereich. Der Kunstflugweltmeister Gerhard
Fieseler (Flugzeugbauer) ist z. B. nicht Militärfliegertauglich gewesen.
Wer die vorgenannte Prozedur gut überstanden hat, kam als Flugschüler zur
A-Schule, später zur A/B-Schule (Zusammenlegung).
Der theoretische Unterricht bestand aus: Motorenkunde, Aerodynamik, Flugzeugbau,
Navigation, Fremd- und Eigenpeilung, bei C-Schein auch der Umgang mit dem Sextanten,
Wetterkunde.
Die Lehrkräfte waren Ausbildungsleiter, Gruppenfluglehrer, Meteorologen,
Ingenieure usw. An den Flugschüler wurden hohe Anforderungen gestellt. Neben das
fliegerischen Ausbildung während eines 12-Stunden-Tages mußte er auch noch lernen...
Der Flugbetrieb: Voraussetzung war gutes Wetter, sonst wurde Theorieunterricht
abgehalten. Jeder Fluglehrer hatte sechs Schüler, Gruppenfluglehrer hatten sechs bis acht
Fluglehrer zu betreuen und waren verantwortlich für die gesamte Ausbildung. Nach drei
Einweisungsflügen begann der Platzrundenbetrieb mit Fluglehrer. Starts und Landungen,
Platzrundenhöhe 200 Meter, Steig- und Sinkflug. Geflogen wurde nur auf Rasen. 60 Starts
mit Fluglehrer waren Vorschrift. Nach Überprüfung durch den Gruppenfluglehrer erfolgte
der erste Alleinflug. Alleinflieger waren mit roten Bändern an den Tragflächen
gekennzeichnet. Die verwendeten Flugzeugtypen waren: Heinkel Kadett, FW 44 Stieglitz,
Klemm 32, alle kunstflugtauglich. Nach einer Anzahl von Alleinflügen erfolgte die
Weiterbildung in Gefahrenzuständen, Notlandeübungen, Kunstflugeinweisung und kleines
Kunstflugprogramm.